Allerthal-Werke AG lehnt Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien ab und fordert „frischen Wind“ im Aktionariat. Offener Brief zur R. Stahl HV am 3. Juni 2025
Offener Brief an Vorstand und Aufsichtsrat der R. Stahl AG sowie an die «Familienaktionäre»: <<< PDF >>>
- Allerthal-Werke AG lehnt Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien (Aktienrückkauf) der R. Stahl AG ab, weil diese mit Blick in die Historie auch geeignet ist, die bestehende «Erbmonarchie» der im Konsortium vertretenen Gründerfamilie zu zementieren.
- Aufforderung zur zeitnahen Prüfung strategischer Optionen wie z.B. Durchführung einer Kapitalerhöhung und/oder Einleitung eines strukturierten M&A-Prozesses zum Erwerb einer (Mehrheits-)Beteiligung durch strategische Investoren.
- Einladung an interessierte Investoren zur Abgabe eines freiwilligen öffentlichen Kaufangebots an die Aktionäre der R. Stahl AG, um mit frischem Wind im Aktionariat ein neues Kapitel in der R. Stahl-Unternehmensgeschichte einzuläuten.
Sehr geehrter Herr Dr. Hallmann, sehr geehrter Herr Popp, sehr geehrte Mitglieder des Aufsichtsrats, sehr geehrte «Familienaktionäre» der R. Stahl AG,
die Allerthal-Werke AG (www.allerthal.de) ist eine Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Köln und langjährige Aktionärin der R. Stahl AG. Die Aktienkursentwicklung seit der fehlgeschlagenen Übernahme durch die westfälische Weidmüller-Gruppe im Jahr 2014 ist, man kann es nicht anders sagen, mehr als enttäuschend!
Anlässlich der am 23. April 2025 im Bundesanzeiger (www.bundesanzeiger.de) publizierten Einladung zur diesjährigen Hauptversammlung am 3. Juni 2025 in Pfedelbach möchten wir uns mit diesem «Offenen Brief» an die Gesellschaft und die handelnden Organe wenden, weil wir – insbesondere mit Blick auf Top 6 («Beschlussfassung über die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien auch unter Ausschluss eines etwaigen gesetzlichen Andienungsrechts und zu deren Verwendung auch unter Ausschluss des Bezugsrechts sowie Ermächtigung zur Einziehung erworbener eigener Aktien und Kapitalherabsetzung») – befürchten, dass sich Fehler der Vergangenheit möglicherweise wiederholen könnten und dabei auch, im Interesse der in einem «Konsortium» zusammengeschlossenen Familienaktionäre, Partikularinteressen verfolgt werden, die nicht mit den Interessen der anderen Aktionäre in Einklang zu bringen sind.
Dies wiegt umso schwerer, da aus unserer Sicht heute – im Jahr 2025 – längst nicht mehr gewährleistet erscheint, dass die sogenannten «Familienaktionäre», die mit Unterstützung des vormaligen Vorstands im Jahr 2014 eine Übernahme durch die Weidmüller-Gruppe blockierten, mit ihren (damaligen) Verbündeten überhaupt noch über eine Aktien- bzw. HV-Mehrheit verfügen. Möglicherweise sind die vormaligen Mehrheitsaktionäre längst in einer Minderheitenposition angekommen, was auch seitens der Verwaltung im Blick zu behalten ist.
Unter Umständen haben sich die Mehrheitsverhältnisse im Aktionariat zwischenzeitlich längst signifikant verschoben, weshalb es aus unserer Sicht ein wichtiges Anliegen zu Händen von Geschäftsleitung, Aufsichtsrat und Familienaktionären ist, die Frage nach der «Best Owner»-Strategie im Interesse des Unternehmens und aller Stakeholder ergebnisoffen zu prüfen und zu klären. Wir kommen auf den «Best Owner»-Gedanken in den weiteren Ausführungen nochmals zurück.
Einleitend erscheint es uns opportun, die gescheiterte Weidmüller-Übernahme und die weiteren Entwicklungen zum besseren Verständnis unseres Anliegens nochmals Revue passieren zu lassen:
Weidmüller-Gruppe hat Umsatz von 2014 bis 2023 um ca. 64% gesteigert, R. Stahl um 7%
Seit Ankündigung des Weidmüller-Übernahmeangebots im April 2014 zu einem Preis von 47,50 EUR je Aktie – später auf 50,00 EUR/Aktie erhöht – sind mittlerweile mehr als 11 Jahre vergangen. Während die seinerzeit mit viel «Geschrei» vom Hof gejagte Weidmüller den Umsatz zwischen 2014 und 2023 um 63,7% auf über 1,1 Mrd. EUR steigern konnte, erhöhte sich der Umsatz im vergleichbaren Zeitraum bei «unserer» R. Stahl lediglich um 7,2% auf gut 330 Mio. EUR. Rund 7% Umsatzsteigerung in 10 Jahren sind kein Ruhmesblatt. Während Weidmüller ohne R. Stahl marschiert, stagniert R. Stahl – ohne Weidmüller!
Die damaligen Vorstände setzten im Abwehrkampf u.a. auf eine in vielerlei Hinsicht zweifelhafte «Inadequacy Opinion» einer mandatierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Bezeichnend ist bis heute, dass die als scharfes Schwert gegen die eigenen Aktionäre gerichtete Auftragsarbeit in den Details vor den Aktionären geheim gehalten wurde.
Die R. Stahl-Aktie hat seit Ende 2013 mehr als 50% verloren, der SDAX Performance Index dagegen um über 135 % zugelegt
Die R. Stahl-Aktie notiert heute bei deutlich weniger als der Hälfte des damaligen Angebotspreises von 47,50 EUR/Aktie bzw. 50 EUR/Aktie aus dem Jahr 2014. Seit Ende 2013, als die R. Stahl-Aktie noch völlig unbeeinflusst von irgendwelchen Übernahmespekulationen gewesen ist, bis Anfang Mai 2025 hat die R. Stahl-Aktie über 50% ihres Kurswertes verloren. Im gleichen Zeitraum ist der deutsche Nebenwerte-Index SDAX dagegen um mehr als 135% gestiegen!
Hätte sich die R. Stahl-Aktie seit Ende 2013 lediglich analog zum SDAX Performance Index entwickelt, müsste der Aktienkurs – rein theoretisch – heute rechnerisch bei fast 90 EUR stehen. Tatsächlich notiert die Aktie rund 80% unterhalb dieses hypothetischen, vom SDAX Performance Index abgeleiteten Wertes. Dieser Umstand sollte Vorstand und Aufsichtsrat – und in besonderem Masse auch die «Familienaktionäre» – nachdenklich stimmen.
Für unabhängige R. Stahl-Aktionäre waren die Jahre seit 2014 mit der R. Stahl-Aktie aus wirtschaftlicher Perspektive ein verlorenes Jahrzehnt.
«Die Null steht»: Dividendendiät seit 2017
Die bilanzielle Situation der Gesellschaft hat zwischenzeitlich auch keine Dividendenausschüttungen mehr erlaubt und der unrealistische Daueroptimismus der 2014 (bis 2017 bzw. 2018) amtierenden Vorstände hatte sich schon damals – nach nur kurzer Zeit – zum Nachteil der Aktionäre als völlig halt- und substanzlos herausgestellt. Die Dividende für 2015 in Höhe von 0,60 EUR/Aktie, das erste volle Geschäftsjahr nach der gescheiterten Übernahme, war praktisch eine Substanzdividende und wurde bei einem negativen Ergebnis von -0,02 EUR/Aktie nicht verdient. Letztmals kam es im Jahr 2017 für das Geschäftsjahr 2016 zu einer Ausschüttung an die Aktionäre (0,60 EUR/Aktie), entsprechend einer faktischen Vollausschüttung des damals erwirtschafteten Gewinns (GJ 2016: 0,64 EUR/Aktie). Seither sind die R. Stahl-Aktionäre auf «Dividenden-Diät» gesetzt: auch für das zurückliegende Geschäftsjahr 2024 kann aufgrund des aus der Verlustsituation der vergangenen Geschäftsjahre resultierenden Bilanzverlusts der R. Stahl AG – wie schon in den Vorjahren – bekanntlich keine Dividende ausgeschüttet werden, obwohl sich die operative Situation auf Konzernebene zuletzt mit einem anteiligen Ergebnis von 0,90 EUR/Aktie erfreulicherweise deutlich verbessert hat. Soviel zur Vergangenheit.
HV 2025: Vorgeschlagener Aktienrückkauf weckt Erinnerungen an Fehler der Vergangenheit
Aus unserer Aktionärsperspektive schlägt sich R. Stahl AG am Kapitalmarkt schon eine Weile weit «unter Wert», was – unter anderem – auch der sehr speziellen Aktionärsstruktur mit dem Familienpool der Gründer-Nachfahren geschuldet sein dürfte. Top 6 der kommenden Hauptversammlung (HV) vom 3. Juni 2025 könnte dazu dienen, den Einfluss der Familienaktionäre sogar noch weiter zu erhöhen und den Streubesitz weiter auszudünnen, was in der Konsequenz dann zu einer (noch) weiter rückläufigen Attraktivität der Aktie führen könnte.
Die von der HV am 30. Juli 2020 unter Tagesordnungspunkt 6 beschlossene Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien läuft am 29. Juli 2025 aus. Deshalb soll anlässlich der kommenden HV am 3. Juni 2025 unter Aufhebung der bisherigen Ermächtigung eine neue, bis zum 2. Juni 2030 befristete Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien gemäß § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG sowie zum Ausschluss des Bezugs- und des Andienungsrechts beschlossen werden.
Die Ausführungen der Verwaltung zu Top 6 sehen dabei u.a. den Erwerb eigener Aktien bis maximal 10% mit der Möglichkeit eines Bezugsrechtsausschlusses bei Veräußerung vor. Explizit erwähnt wird dabei auch die Möglichkeit, «im In- und Ausland» neue Aktionärsgruppen gewinnen zu können.
«Neue Aktionärsgruppen» im In- und Ausland klingt gut, birgt im konkreten Fall aber Umsetzungsrisiken aus Sicht der unabhängigen Aktionäre.
Im Vergleich etwa zu einer Kapitalerhöhung, die nach dem neuen «Zukunftsfinanzierungsgesetz» sogar eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss bis zu 20% des Grundkapitals erlauben und zu einem Kapitalzufluss führen würde, werden hier jedoch keine neuen Aktien geschaffen, sondern lediglich bestehende Aktien «umverteilt».
Der echte Streubesitz würde über die Möglichkeit einer bevorrechtigten Andienungsmöglichkeit für Kleinaktionäre bis maximal 100 Aktien mutmaßlich weiter reduziert.
Aus dem Beschlussvorschlag zu Top 6 ergibt sich nach unserer Interpretation, dass die im Konsortium zusammengeschlossenen «Familienaktionäre» eine Verwässerung ihres Besitzstands offenbar weiterhin fürchten wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser.
Die Idee eines Aktienrückkaufs weckt bei uns negative Erinnerungen an das Jahr 2014 und die gescheiterte Weidmüller-Übernahme. Damals wurden von der Gesellschaft nach unseren Informationen 2% des Aktienkapitals zu ex post hohen 43,95 EUR/Aktie über die Börse erworben, was in der Konsequenz primär die Machtposition der «Familienaktionäre» gestärkt hatte. Der damals amtierende Finanzvorstand Marx äußerte sich gegenüber dem Handelsblatt vom 16. Juni 2014 in bemerkenswerter Offenheit wie folgt:
“Uns war wichtig, alle Vorkehrungen zu treffen, dass die positive Entwicklung von R. Stahl nicht durch Minderheitsaktionäre behindert wird, die abweichende strategische Interessen verfolgen. Wir halten es für das Beste, wenn wir unseren klaren Fokus behalten und als Technologieführer im Explosionsschutz weiter profitabel wachsen können.”
Die «Minderheitsaktionäre» standen damals tatsächlich seitens der Verwaltung unter Verdacht, eine positive Entwicklung des Unternehmens zu verhindern! Tatsächlich war es aber das damalige Management in seiner fehlerhaften Markteinschätzung, das eine vorteilhaftere Unternehmensentwicklung verhinderte – und letztlich den jahrelangen Sinkflug der Aktie zum Nachteil der Aktionäre einleitete.
Ende 2014 wurden dann 10% eigene Aktien, darunter auch die im Sommer 2014 im Abwehrkampf gegen Weidmüller zu fast 44 EUR/Aktie erworbenen 2% der Anteile, zugunsten des neuen Ankeraktionärs RAG Stiftung «ausplatziert» (vgl. Meldung vom 11. Dezember 2014).
Ursprünglich waren diese 10% eigenen Aktien als Akquisitionswährung zum Kauf von Unternehmen oder Beteiligungen vorgesehen, doch sahen es Vorstand und Aufsichtsrat Ende 2014 plötzlich als vorteilhafter an, die RAG-Stiftung als ein den Gründerfamilien genehmer Finanzinvestor ohne erkennbar eigene Ambitionen an Bord zu holen. Die Hereinnahme der RAG-Stiftung ins Aktionariat stärkte zumindest in den ersten Jahren «nach Weidmüller» die Stellung der Familienaktionäre, deren Stimmenmehrheit auf diese Weise gefestigt wurde.
Auch wenn die Verantwortlichen heute andere sind, bleibt das damals skizzierte (und heute wieder aktuelle) Rückkauf-Szenario, das mit Blick auf die weitere Entwicklung 2014 primär den Interessen der Familienaktionäre folgte, für unabhängige Aktionäre in unserer Wahrnehmung ein grundsätzliches Risiko!
Schafft ein Aktienrückkauf bei R. Stahl wirklich «Eigenkapital» oder dient es primär der Besitzstandswahrung?
Die begleitenden Ausführungen zu Top 6 erwähnen, dass durch einen Aktienrückkauf – auch unter Ausschluss des Bezugsrechts –«eine angemessene Ausstattung der Gesellschaft mit Eigenkapital sichergestellt» wird. Abweichend zu einer Kapitalerhöhung erscheint es aus unserer Perspektive jedoch fraglich, ob und inwieweit bei einem Aktienrückkauf überhaupt neues Eigenkapital geschaffen wird.
Die zu erwerbenden Aktien müssen zunächst am Markt durch den Einsatz von Liquidität gekauft werden – und die Schaffung von zusätzlichem Eigenkapital würde bei einem Verkauf voraussetzen, dass dieser Verkauf von «Eigenen Aktien» mit Gewinn im Verhältnis zum Kaufpreis erfolgt. Gelingt es nicht, die zurückgekauften eigenen Aktien mit Aufschlag weiterzureichen, erwirtschaftet die Gesellschaft im schlimmsten Fall sogar einen Verlust und reduziert die Eigenkapitalbasis!
Kommt es nicht zu einem Verkauf, sondern zu einer Einziehung von Aktien, verringert sich ebenfalls die Eigenkapitalbasis, gleichzeitig würden bestehende Strukturen aber verfestigt, was auch nicht im Interesse der unabhängigen Aktionäre sein kann.
Fraglich ist zudem u.E. auch der Satz, dass ein Verkauf von Eigenen Aktien an „neue Aktionärsgruppen im In- und Ausland“ – ohne Kapitalerhöhung – zu einer Verbreiterung der Aktionärsbasis führt, wie im Einladungstext zur HV geschrieben. Zunächst wird über den Rückkauf von bis zu 10% der bereits ausgegebenen Aktien die Aktionärsbasis gerade nicht verbreitert, sondern reduziert bzw. «verdichtet». Solange die Eigenen Aktien nicht verkauft sind, würde die Stimmkraft bestehender Aktionäre einschließlich der Familienaktionäre sogar noch ansteigen.
Allerthal-Werke AG lehnt Ermächtigung zum Aktienrückkauf ab, weil diese geeignet ist, die bestehende «Erbmonarchie» der im Konsortium vertretenen Gründerfamilie zu zementieren.
In der Vergangenheit wurde – wie skizziert – ein vom Unternehmen mit dem Geld der Aktionäre finanzierter Aktienrückkauf schon einmal genutzt, um gegen die Interessen der unabhängigen Aktionäre die Herrschaft der Familienaktionäre durch dem Konsortium genehme Investoren zu zementieren.
Die R. Stahl AG darf aber keine «Erbmonarchie» sein, in der es darum geht, eine auf zunehmend tönernen Füssen ruhende Herrschaft einer Familie in alle Ewigkeit abzusichern.
Aus den genannten Gründen werden wir die der HV unterbreitete Ermächtigung zum Aktienrückkauf – auch wenn sie sich inhaltlich «nur» an der Ermächtigung von 2020 orientiert! – nicht unterstützen und ablehnen. Wir erwarten, dass eine große Zahl von Aktionären die vorgeschlagene Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien in der besonderen Konstellation der R. Stahl AG ebenfalls ablehnt.
Allerthal-Werke AG fordert Vorstand und Aufsichtsrat der R. Stahl AG auf, a.) die Möglichkeit zur Bezugsrechtskapitalerhöhung und/oder b.) die Einleitung eines strukturierten M&A-Prozesses zum Erwerb einer (Mehrheits-)Beteiligung durch strategische Investoren zeitnah zu prüfen
Wir gehen nicht davon aus, dass ein isolierter Aktienrückkauf – wie vorgeschlagen – in der Lage sein wird, nachhaltig «Shareholder Value» zu generieren und die von uns vermutete (deutliche) Unterbewertung der R. Stahl-Aktie perspektivisch aufzulösen. Hierfür braucht es im Interesse aller Aktionäre andere, wirksamere Maßnahmen mit größerer Durchschlagskraft.
An der Börse wird die wenig liquide R. Stahl-Aktie in unserer Analyse schon seit einiger Zeit «unter Wert» geschlagen, obwohl das amtierende Management der R. Stahl AG aus unserer Perspektive gute Arbeit macht und sich die Zahlen zuletzt in die richtige Richtung entwickelten. Die spezielle Struktur der R. Stahl AG gerade auch im Aktionariat und die «Nachwehen» der gescheiterten Übernahme dürften ein Grund sein, dass die (Kurs-)Entwicklung der R. Stahl AG im letzten Jahrzehnt vergleichsweise trostlos ist.
Die R. Stahl AG verfügt in unserer Wahrnehmung über erhebliche unausgeschöpfte Potentiale. Dies mag auch daran liegen, dass die R. Stahl AG alleine zu klein ist und es ihr gerade im internationalen Kontext an Schlagkraft fehlt. Ein starker industrieller oder finanzieller (Vertriebs-)Partner an der Seite von R. Stahl könnte unseres Erachtens sehr hilfreich (bzw. sogar notwendig) sein, um neue Märkte schneller und noch effizienter zu erschließen – und R. Stahl auf einen dynamischen Wachstumspfad zurückzuführen.
An dieser Stelle erscheint – aus unserer Sicht übrigens sogar zum Vorteil der bisherigen Hauptaktionäre aus dem Umfeld der Gründerfamilien – eine Neuordnung im Aktionariat der Gesellschaft als sinnvoll, um brachliegende Potentiale zum Vorteil der Gesellschaft zu heben.
Wir bitten Vorstand und Aufsichtsrat der R. Stahl AG, zeitnah folgende Transaktionsmöglichkeiten im Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre zu prüfen und den Aktionären anlässlich der HV vom 3. Juni 2025 darüber Bericht zu erstatten, inwieweit solche Möglichkeiten verfolgt werden bzw. realistisch sind:
a.) Bezugsrechtskapitalerhöhung über max. 20% und Aufnahme eines strategischen Ankeraktionärs ins Aktionariat
Die von der Gesellschaft in den Ausführungen zu Top 6 («Aktienrückkauf») zur HV am 3. Juni 2025 erwähnten Aspekte wie der Gewinn neuer Aktionärsgruppen im In- und Ausland, die Verbreiterung der Aktionärsbasis, die Steigerung der Attraktivität der R. Stahl-Aktie sowie eine «angemessene Ausstattung der Gesellschaft mit Eigenkapital» sind berechtigte und sinnvolle Anliegen, nur ist ein Aktienrückkauf u.E. hierfür das falsche Werkzeug aus dem Instrumentenkasten.
Sinnvoller wäre es, genau diese kommunizierten Ziele mit einer Kapitalerhöhung – ob mit oder notfalls auch ohne Bezugsrecht – zu verfolgen, um die Gesellschaft auf diese Weise finanziell zu stärken und neue Aktionärspartner mit an Bord zu nehmen, die sich idealerweise auch operativ und in der Gremienarbeit einbringen und unterstützen, die Gesellschaft zu entwickeln und voranzubringen.
Es braucht erkennbar auch im Aktionariat Veränderungen und neue Impulse! Dabei könnte es sich z.B. um in- und ausländische Investoren aus dem Industriesektor handeln oder um Finanzinvestoren aus dem Private-Equity-Umfeld, mit Expertise in den von R. Stahl besetzten Märkten.
Deshalb fordern wir die R. Stahl AG auf, eine der tatsächlichen Verbreiterung der Aktionärsbasis sowie der Verbesserung der Eigenmittelausstattung dienende Kapitalerhöhung als Alternative zu einem Aktienrückkauf proaktiv zu prüfen – und gegebenenfalls auch umzusetzen.
b.) Prüfung eines strukturierten M&A-Prozesses zum Erwerb einer (Mehrheits-)Beteiligung durch strategische Investoren im In- und Ausland
Aktionärsstruktur der R. Stahl AG, Januar 2025:
Die Ausführungen zum Aktionariat auf www.r-stahl.com ergeben, dass etwa 46% der Aktien – und damit weniger als die Mehrheit – im Besitz von Aktionären aus dem Umfeld der Gründerfamilien sind. 36% des Grundkapitals sind innerhalb des Konsortiums gebunden, 10% der Aktien liegen außerhalb des Konsortiums bei Nachfahren der Gründer. 34% der Aktien werden von drei weiteren Investoren gehalten, darunter der RAG-Stiftung (RSBG SE) mit 14%.
Am 12. März 2020 teilte die RSBG SE mit, dass sie den Verkauf ihrer Beteiligung in Höhe von 14,25% an der R. Stahl AG erwägt. Das Vorkaufsrecht der Familienaktionäre auf die von der RSBG SE gehaltenen Aktien ist nach unseren Informationen Ende 2024 ausgelaufen, ohne dass dieses Vorkaufsrecht ausgeübt worden wäre.
Faktisch haben Aktionäre außerhalb des Familienkonsortiums damit heute schon eine Mehrheit am Unternehmen und das Konsortium der Gründerfamilien ist mit 36% de facto «nur noch» ein – wenn auch bedeutender – Minderheitsaktionär.
Angesichts der sich aus der Aktionärsstruktur ergebenden Tatsache, dass es sich bei der R. Stahl AG schon heute um keine Familiengesellschaft mehr handelt, sondern mehrheitlich um eine Publikumsgesellschaft und vom Konsortium der Gründerfamilien als Ankeraktionär seit der vom Konsortium abgelehnten Übernahme durch Weidmüller 2014 in unserer Wahrnehmung gleichzeitig keine erkennbaren Impulse zur Weiterentwicklung des Unternehmens mehr ausgegangen sind, sollte die R. Stahl AG offen sein für den Einstieg neuer Investoren – oder sogar ein neues öffentliches Aktienerwerbsangebot durch interessierte Dritte.
Sind die im Familienkonsortium vertretenen Gründeraktionäre tatsächlich noch die «Best Owner» für die Gesellschaft?
Die im Konsortium und teilweise auch im Aufsichtsrat der Gesellschaft vertretenen «Familienaktionäre» aus dem Kreis der Gründernachfahren sollten sich – gerade auch im Interesse der R. Stahl AG – selbstkritisch fragen, ob sie tatsächlich, bei lediglich rund 36% des Aktienkapitals, im Sinne einer «Best Owner»-Philosophie die «besten Eigentümer» für das Unternehmen sind oder ob nicht ein Verkauf von Aktien – bzw. die Zustimmung zu einer Kapitalerhöhung – im Interesse des Unternehmens und aller Mitarbeiter ist und zusätzliche Kräfte und Wachstumsimpulse im Unternehmen freisetzen könnte.
Für einen Überblick zum Thema «Best Owner» ist u.a. die Broschüre «Mergers & Acquisitions im Mittelstand: Unternehmensverkauf» von DZ Bank und Handelsblatt Research Institute zu empfehlen (vgl. https://cf.dzbank.de/content/dam/cfi/downloads—publikationen-/2022_MA_im_Mittelstand_Unternehmensverkauf.pdf).
Aus unserer Perspektive sind die im Konsortium und im Aufsichtsrat vertretenen Familienaktionäre mit Blick auf die Entwicklungen der letzten Jahre im aktuellen Markt- und Wettbewerbsumfeld gerade nicht die «Best Owner» im Interesse des Unternehmens!
Aus den vorstehenden Überlegungen und der Tatsache, dass das Aktienkapital schon heute mehrheitlich von Aktionären außerhalb des Familienkonsortiums gehalten wird, fordern wir Vorstand, Aufsichtsrat und Familienaktionäre auf, im Sinne der «Best Owner»-Philosophie – inhaltlich über eine Kapitalerhöhung hinausgehend – die Einleitung eines strukturierten M&A-Prozesses zum Erwerb einer (Mehrheits-)Beteiligung durch strategische Investoren im In- und Ausland zu prüfen.
Einladung an interessierte Investoren, ein freiwilliges öffentliches Kaufangebot an die Aktionäre der R. Stahl AG abzugeben
Unsere vorstehenden Ausführungen haben aufgezeigt, dass sich seit der gescheiterten Übernahme 2014 auch im Aktionariat einiges verändert hat. Die RSBG SE beispielsweise hat ihren Anteil von zuletzt bekannten 14,25% bereits im März 2020 grundsätzlich zur Disposition gestellt, damals zu einem Preis von 35,10 EUR je Aktie.
Auf der anderen Seite haben die im Konsortium vertretenen «Familienaktionäre» die sich aus Vorkaufsregelungen mit der RSBG SE ergebenden Gelegenheiten zur Aufstockung ihrer Beteiligung an der R. Stahl AG wiederholt ungenutzt verstreichen lassen. Über die Gründe für die Nichtausübung dieses Vorkaufsrechts kann nur spekuliert werden.
Wie erwähnt, wird die Aktienmehrheit heute von Aktionären außerhalb des Familienkonsortiums gehalten.
Die Gesellschaft selbst unterteilt, beginnend mit dem Geschäftsbericht 2023, die Anteile der Gründerfamilien in zwei Aktionärsgruppen: Aktien innerhalb (36%) und außerhalb (10%) des Konsortiums.
In den letzten Jahren waren gemäß veröffentlichter Stimmrechtsmitteilungen regelmäßig Austritte von in kleinerem Umfang beteiligten «Familienaktionären» aus dem Konsortium zu beobachten. Zuletzt endete etwa zum 1. Januar 2025 die Zurechnung eines Familienmitglieds mit 0,22% der Aktien zum Konsortium der «Familienaktionäre» durch Austritt.
Aus unserer Sicht bedarf es im Interesse der R. Stahl AG einer Auffrischung im Aktionariat. Es hilft wenig, wenn immer mehr Aktionäre im Kern verkaufen (oder auch nicht aufstocken) wollen.
Wir möchten Sie angesichts der in den letzten Jahren eingetretenen Veränderungen auf vielen Ebenen bitten, gezielt den Kontakt mit interessierten Investoren zu suchen und diese einzuladen, ein freiwilliges öffentliches Kaufangebot zu einem angemessenen Preis an die Aktionäre der R. Stahl AG abzugeben.
Darüber hinaus sind – auch ohne vorgängige Ansprache durch die Verwaltung – interessierte Investoren generell eingeladen, von sich aus die Gesellschaft anzusprechen und Möglichkeiten für eine kapitalmäßige Beteiligung ergebnisoffen mit der Verwaltung zu diskutieren. Für interessierte Investoren dürfte die Möglichkeit bestehen, auch größere Aktienpakete zu erwerben.
So könnten verkaufsbereite Aktionäre ihre Aktien abgeben – und es kann mit frischem Wind im Aktionariat ein neues Kapitel in der R. Stahl-Unternehmensgeschichte eingeläutet werden.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Thorsten Grimm
Vorstand